Zwischen Missgunst und Machtkampf – AfD kommt nicht zu Ruhe

In allen politischen Parteien sind Machtkämpfe immer wieder an der Tagesordnung. Das Gerangel um Posten und Positionen scheint zum politischen Geschäft zu gehören. Auch in Brandenburg sorgte kürzlich ein Spitzenkandidat der CDU für Wirbel, Ingo Senftleben. Seiner Aussage nach, wollte er einer Rot-Schwarz-Grünen Koalition nicht im Weg stehen und kündigte seinen Rückzug an. Damit machte er seine Posten als Fraktions- und Landesvorsitzender der CDU-Brandenburg frei. Auch hier waren Machtkämpfe eine Ursache. Denn Senftleben war parteiintern unter Beschuss geraten, die CDU gespalten.

Aber die SPD knüpfte eine Zusammenarbeit in einer möglichen Koalition an eine geschlossene brandenburgische Christlich Demokratische Union. Dieses ist nötig, um künftig stabile Mehrheiten bilden zu können. Eine Koalition aus SPD, CDU und Grüne hätte nur eine knappe Mehrheit. Darum zählt für die wahrscheinlich künftige Regierung im Landtag jede Stimme.

Mit der AfD will keiner

Alle anderen im Landtag von Brandenburg vertretenen Parteien lehnen die Zusammenarbeit mit der AfD ab. Und so bleibt für die Partei, die die zweitmeisten Wählerstimmen im Bundesland vereint, nur die Opposition. Einem demokratischen Empfinden nach könnten die Bürger auch erwarten, dass die stärksten Parteien nach einer Wahl regieren. In Deutschland kommen unter Umständen aber auch die Wahlverlierer an die Macht. Doch wie fähig ist die Alternative für Deutschland überhaupt. Hat sie das Zeug und die Stabilität, um wirklich Verantwortung wahrnehmen zu können?

AfD – Überall scheint es zu rumoren.

Die AfD in Nordrhein-Westfalen steht seit dem Juli offenbar schon wieder vor einer Zerreißprobe. Dort ist von Richtungsstreits die Rede. Auch Schleswig Holstein ist geteilt. Denn hier gibt es die Lager pro und contra Doris Sayn-Wittgenstein. Für den Bundesvorstand der AfD ist Sayn-Wittgenstein raus aus der Partei, doch große Teile des AfD-Landesverbands im Norden Deutschlands halten weiter an ihr fest. In Bremen spaltet sich die AfD-Fraktion in der Bremer Bürgerschaft. Auch hier hat die Parteispitze der Alternativen schon eingegriffen. Nun soll es in Kürze Gespräche mit den Kontrahenten geben.

AfD – Barnim

Im Barnim läuft es auch nicht ruhiger. Mehrfach wurden hier in der Vergangenheit Orts- und Kreisverbände rasiert und neu aufgestellt. Für Außenstehende ist kaum nachvollziehbar, worum es ging und geht. Und nun hat es auch die Kreistagsfraktion der AfD in Eberswalde erwischt. Denn hier ist die AfD-Fraktion neuerdings ebenfalls gespalten. Derzeit sind zwei Lager erkennbar. Das eine formiert sich um den ehemaligen Vorsitzenden der Kreistagsfraktion Marcel Donsch. Das zweite Lager ist bei Klaus-Peter Kulack zu finden. Er ist der neue Vorsitzende der Fraktion. DER-BARNIMER hat Gespräche mit beiden Seiten geführt.

Was ist passiert?

Am Freitag, den 6. September 2019 kam es innerhalb der Fraktion, nach nur kurzem Bestehen, zu Neuwahlen. Vorausgegangen waren – auch – Streitigkeiten über Sachthemen. So sollten Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder der Fraktion nicht mehr angewendet werden dürfen. Hier sah man in der Vergangenheit einen Missbrauch, so der neue Fraktionsvorsitzende Klaus-Peter Kulack, gegenüber dem Infoblog DER-BARNIMER, im Telefonat. Andre jetzt ehem. Fraktionsmitglieder wiederum glaubten zu erkennen, hier wollen sich Mandatsträger vor “Strafe” schützen. Unabhängig von der Fraktion war man in der AfD-Vergangenheit im Barnim nicht gerade zimperlich, ging es darum, sich gegenseitig mit Ordnungsmaßnahmen belegen zu wollen. Diese sind selbstverständlich eher nur dann gewünscht, richten sie sich nicht gegen einen selbst. Auch so wurde dem BARNIMER zugetragen, soll es Unstimmigkeiten über die Aufgabenverteilung und deren Erledigung gegeben haben. Die Fraktion hat dadurch – so heißt es – Gelder verloren, die ihr zugestanden hätten, aber nicht fristgemäß beantragt/abgerufen wurden.

neuer AfD-Fraktionsvorsitzender Klaus-Peter Kulack Quelle: Screenshot // web.facebook.com/afd.barnim.de/photos/

Der neue Vorstand der AfD-Fraktion hält seine Erklärung zu der Angelegenheit kurz und knapp.

“Auf der Fraktionssitzung am 06.09.2019 wurde der bisherige Fraktionsvorstand, bestehend aus Herrn Donsch und Herrn Dicks, mit 2/3 Mehrheit abgewählt. Zum neuen Fraktionsvorsitzenden wurde Herr Klaus-Peter Kulack, zu seinem Stellvertreter Herr Heinz-Dieter Parys gewählt.


Am 08.09.2019 erklärten Herr Donsch und zwei weitere Mitglieder ihren Austritt aus der gemeinsamen Fraktion.
Dazu erklärt die Fraktion der AfD im Kreistag des Landkreises Barnim :
wir bedauern diesen aus unserer Sicht übereilten Schritt. Jedoch ist die Wahrung demokratischer Grundprinzipien für uns unverzichtbar, insbesondere auch in der internen Fraktionsarbeit.

Nur auf dieser Grundlage werden wir unserer Verantwortung und dem Auftrag unserer Wählerinnen und Wähler gerecht. Nach diesem internen Klärungsprozess werden wir unsere Arbeit für die Bürger unseres Landkreises umso effektiver fortsetzen.

Im Namen der AfD – Fraktion, Klaus-Peter Kulack
Fraktionsvorsitzender der AfD – Fraktion im Kreistag Barnim

Quelle: Email mit entsprechender Presseerklärung an den Infoblog DER-BARNIMER

Was sagt die Gegenseite – die Ausgetretenen / Die neue Fraktion “AfD-Der Flügel”?

Marcel Donsch Quelle: Screenshot // web.facebook.com/afd.barnim.de/photos/

Die ehemaligen Mitglieder der AfD-Fraktion im Kreistag Marcel Donsch, Imre Kindel und Heiko Dicks verhalten sich, in ihrer gemeinsamen Erklärung an Parteimitglieder im Barnim, ausführlicher. Sie stellen offensichtlich angegriffen und sich verletzt fühlend ihren Standpunkt da. In Brandenburg hat sich speziell Marcel Donsch schon als streitbar gezeigt. Auch er ist nie darum verlegen, Widersachern hart, Kritiker sagen zu hart, entgegen zu treten. Allerdings ist er mit diese Art in der Barnimer AfD nicht alleine.

Quelle: mobil übermittelte Erklärung an Mitglieder der AfD-Barnim // Sender unkenntlich gemacht // Original liegt der Redaktion vor
Quelle: mobil übermittelte Erklärung an Mitglieder der AfD-Barnim
Quelle: mobil übermittelte Erklärung an Mitglieder der AfD-Barnim

Sich “AfD-Der Flügel” zu nennen, könnte auf Ärger mit dem Bundesvorstand der Partei hinauslaufen. Parteiinternen Abspaltungen gegenüber ist man dort nicht aufgeschlossen. Im Gegenteil, solche werden nicht geduldet und dürfen, so scheint der neue Kurs zu sein, zum Beispiel kein AfD im Namen tragen. Das belegen jüngste Entscheidungen in Richtung Bremen. Der Zusatz “Der-Flügel” sollte das Vorhaben nicht leichter werden lassen.

Und dann noch Handgreiflichkeiten?

Interne Quelle berichteten weiter, nach der Abwahl des alten Vorstands der AfD-Kreistags-Fraktion in Eberswalde, wäre es beinahe zu Handgreiflichkeiten zwischen Streitenden gekommen. Es wird davon geredet, einer Person sollen Schläge angedroht worden sein. Der Beschuldigte äußerte gegenüber dem Infoblog DER-BARNIMER im Telefonat, ihm sei eine solche Situation nicht bewusst. Er habe die entsprechende Person lediglich beim Vorbeigehen gestreift. Das muss diese falsch aufgenommen haben. Der neue Fraktionsforsitzende Klaus-Peter Kulack gegenüber dem Infoblog: “Ich war bei dieser angeblichen Situation nicht im gleichen Raum anwesend. Dazu kann ich also nichts sagen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, das die Vorwürfe stimmen.” Kulack wiederum sieht ein Fehlverhalten, er spricht von ausgesprochenen Drohungen und ungebührlichem Verhalten, bei Marcel Donsch. Dieser soll nach seiner eigenen Abwahl ausfällig geworden sein, so Kulack weiter.

Es bleibt wohl nur, beide Lager kritisch zu betrachten. Die ehm. Fraktion der AfD im Kreistag, die sich erst im Juni 2019 konstituierte, scheint heillos zerstritten. Diesen Zustand kennt die AfD-Barnim schon aus der Vergangenheit, auch auf ihren Gliederungsebenen. Deutschlandweit muss die Partei inzwischen erklären, wie sie, auch unter oben beschriebenen Umständen, den Auftrag ihrer Wähler erfüllen will. Oft genug scheint es sich, bei entsprechende Auseinandersetzungen, nicht um Streit über grundsätzliche politische Ausrichtungen, sondern auch, nicht unerheblich, um Missgunst und reine Machtkämpfe zu handeln.